Neuzugang Christian Kühlwetter gehört mit seinen 28 Jahren und 88 Zweitligaspielen für den 1. FC Heidenheim bereits zu den erfahrenen Spielern beim SSV Jahn. Dass der Stürmer gerne Verantwortung übernimmt, hat er bereits bei seinen vergangenen Stationen gezeigt und will nun auch beim SSV Jahn vorangehen. Seine Profikarriere stand allerdings wegen einer Verletzung früh auf der Kippe.
Es ist der 23. September 2017. In der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar läuft die 72. Minute im Spiel zwischen dem 1. FC Kaiserlautern II und dem FSV Salmrohr, als sich der Lauterer Stürmer Christian Kühlwetter nach dem Foul eines Gegenspielers verletzt und den Platz verlassen muss. Die bittere Diagnose: Wadenbeinbruch. Für Kühlwetter begann eine Zeit der Ungewissheit. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der 22-Jährige mit sechs Toren in zehn Spielen eine gute Saison gespielt, doch zum Saisonende lief sein Vertrag aus. Ungewiss, ob er nach der Verletzung wieder zu alter Stärke zurückfinden würde und ihm der FCK einen neuen Vertrag vorlegen würde. „Das war schon eine harte Zeit damals“, erzählt ‚Kühli‘, wie er in der Mannschaft genannt wird. „Mein damaliger Berater hatte sich einfach nicht mehr gemeldet, als ich im Krankenhaus war. Ich bin dann zu dem Berater gewechselt, der mich bis heute durch meine Karriere begleitet. Dazu hatte ich mich bei der Polizei beworben und wurde schon für die ersten Tests eingeladen.“
Der Karriere als Polizist kam in die Quere, dass Kühlwetter nach fünf Monaten wieder auf dem Platz stand und in den verbliebenen 15 Saisonspielen in der Regionalliga Südwest mit 10 Toren und 10 Vorlagen auf sich aufmerksam machen konnte. Das blieb auch dem Trainer der ersten Mannschaft, Michael Frontzeck, nicht verborgen, dem nach dem Abstieg aus der 2. Liga ein Umbruch bevorstand. Für die neue Drittliga-Saison setzte er vermehrt auf die eigene Jugend und zog auch Kühlwetter mit zu den Profis. In seinem ersten Spiel gegen Carl Zeiss Jena erzielte er beim 3:3 das Führungstor und ließ drei Tage später in Braunschweig direkt einen Doppelpack folgen. „Da hat es dann schon Klick gemacht. Wenn du direkt so triffst, dann weißt du, dass du zwar weiterhin Leistung zeigen musst, aber schon ein Stück weit angekommen bist“. Angekommen im Profifußball.
Nachwuchsleistungszentrum und Training mit Podolski
Seine fußballerischen Anfänge erlebte Kühlwetter bei seinem Heimatverein FC Rot-Weiß Lessenich nahe seiner Geburtsstadt Bonn. „Meine Familie ist sehr sportbegeistert, darum habe ich auch sehr früh mit dem Fußball angefangen. Ich habe dann meistens gegen ältere Jahrgänge gespielt, was mir rückwirkend bestimmt geholfen hat, mich durchzusetzen“, resümiert Kühlwetter. Bereits mit 11 Jahren wechselte er in die Jugend des 1. FC Köln und durchlief dort alle Nachwuchsmannschaften bis zur zweiten Mannschaft. Einzelne Trainingseinheiten und Freundschaftsspiele mit der ersten Mannschaft rund um Spieler wie Lukas Podolski nährten seinen Wunsch noch mehr, auch selbst den Sprung schaffen zu wollen. Die Entwicklung bei Köln stagnierte aber etwas und 2016 wechselte er schließlich innerhalb der Regionalliga zur U23 des 1. FC Kaiserslautern, wo er sich nach dem Wadenbeinbruch erfolgreich zurückkämpfte.
Nach seinem furiosen Beginn mit drei Treffern in seinen ersten beiden Drittligaspielen setzte Michael Frontzeck in der Saison 2018/19 weiterhin auf ihn und Kühlwetter zahlte das Vertrauen mit 12 Tore zurück. Seinen Stellenwert für die Mannschaft verdeutlichte, dass er in der Rückrunde der nächsten Saison bereits mit 23 Jahren einige Male mit der Kapitänsbinde auflaufen durfte. Auch in der U19 des 1. FC Köln war er schon Kapitän. „Ich denke, es war schon immer in mir drin, dass ich vorangegangen bin und lautstark auf dem Platz war. Daher habe ich vielleicht auch schon früh in meiner Karriere recht viel Verantwortung bekommen. Aber um die zu übernehmen, braucht es keine Kapitänsbinde.“
Höhen und Tiefen mit Heidenheim
Nach insgesamt 32 Toren in 73 Spielen wechselte Kühlwetter schließlich 2020 zum Zweitligisten 1. FC Heidenheim. Dort knüpfte er an seine starken Leistungen an und erzielte auch eine Liga höher in seiner ersten Saison 13 Tore, darunter ein Dreierpack beim 3:2 gegen den Hamburger SV. In Heidenheim spielte er mit Frank Schmidt unter einem Trainer, der eine besondere Verbindung zum Verein hat und großes Vertrauen bei den Verantwortlichen genießt. „Frank Schmidt ist ein sehr menschlicher Typ, der viel mit den Spielern redet. Wenn es um Fußball geht, ist er aber auch sehr ehrgeizig und sorgt dafür, dass in jeder Trainingseinheit das Niveau gehalten wird und jeder hundert Prozent gibt. So waren wir auch immer eine der laufstärksten Mannschaften.“
„Es war schon immer in mir drin, dass ich vorangegangen bin und lautstark auf dem Platz war“
Mit dem FCH spielte Kühlwetter in den Saisons 2020/21 und 2021/22 bis in die Schlussphase um den Aufstieg mit und landete am Ende auf den Tabellenplätzen acht und sechs. Mit dem Erfolg einher kamen aber auch sukzessive immer stärkere Neuverpflichtungen, die den Konkurrenzkampf anheizten und Kühlwetters Einsatzzeiten verringerten. Während Heidenheim 2023 den Aufstieg schaffte und damit Historisches gelang, stand er nur noch in sechs Spielen in der Startaufstellung. In der abgelaufenen Saison erreichte Heidenheim in der Bundesliga sensationell Platz acht, der die Teilnahme an für die Conference League Playoffs bedeutete. Doch in der Hinrunde nominierte ihn Frank Schmidt nicht mehr für den Spieltagskader, wodurch er auch nicht mit der Mannschaft zu den Auswärtsspielen reiste. „Das ist schon hart als Fußballer, wenn man quasi keine Chancen mehr bekommt sich zeigen“, sagt Kühlwetter rückblickend. In der Rückrunde war er wieder häufiger im Kader, aber es reichte nur zu einem Kurzeinsatz gegen Darmstadt 98. Der Traum Bundesliga war zwar auf dem Papier Realität, aber in der Praxis doch weit entfernt.
Familienglück in der neuen Heimat
Nach dem Zwiespalt zwischen der Freude über den historischen Erfolg seines Vereins, aber den enttäuschenden Einsatzzeiten war klar, dass sich die Wege trennen würden und er trat die neue Herausforderung beim SSV Jahn an. „Die Verantwortlichen rund um Achim Beierlorzer haben sich intensiv um mich bemüht und mir eine spannende Perspektive aufgezeigt. Aber auch Benedikt Gimber hat mir mehrmals geraten, zum Jahn zu gehen, bei dem er ja eine tolle Zeit erlebt hat und mit dem er sich noch sehr verbunden fühlt.“ Hier in Regensburg will er wieder eine gewichtige Rolle einnehmen und auf dem Platz vorangehen. Und das bisher mit Erfolg: Abgesehen vom ersten Spieltag, den er wegen einer muskulären Verletzung verpasste, stand er fortan in allen anderen Pflichtspielen in der Startaufstellung.
Auch abseits des Platzes hat Kühlwetter momentan Grund zur Freude: Im Sommer kam sein Sohn zur Welt. „Der Umzug nach Regensburg und die Geburt waren relativ parallel, aber das haben wir gut hinbekommen“, sagt er und fügt lachend an: „Er schläft aktuell recht viel nachts, da haben wir Glück gehabt.“ Wir wünschen dir weiterhin viel Freude und Gesundheit für deine Familie, Kühli!