Leon Guwara hat in seiner Karriere schon einiges erlebt. Von Bundesliga-Einsätzen bis zu drei Abstiegen. Eines hat er dabei immer: dazu gelernt. Im Porträt erfahrt Ihr mehr über den neuen Linksverteidiger der Jahnelf, der bis zum Sommer in den Niederlanden aktiv war.
Leon Guwara ist erst seit wenigen Monaten beim SSV Jahn Regensburg und hat in seiner Anfangszeit in der Oberpfalz dennoch schon einiges mitgemacht. Er legte einen gelungenen Start hin, spielte eine gute Vorbereitung und stand bei seinem neuen Verein am ersten Spieltag gleich in der Startelf. In Darmstadt, beim 2:0-Auftakterfolg. In dieser Partie gab es aber auch einen Rückschlag für ihn. Er verletzte sich, zog sich einen leichten Faserriss zu. Kleine Verletzung, große Wirkung. Denn Guwara stand seitdem für die Jahnelf nicht mehr auf dem Platz und musste die weiteren Siege seiner neuen Mannschaft von draußen verfolgen. Jetzt, sagt Guwara, geht es ihm aber wieder gut, zuletzt sammelte er in der U21-Mannschaft in der Bayernliga bereits wieder Spielpraxis. „Diese Verletzung war natürlich sehr ärgerlich. Gerade weil die Vorbereitung für mich eigentlich gut gelaufen ist“, sagt Guwara. „Aber so ist der Fußball. Wichtig ist, dass ich mich jetzt wieder richtig gut fühle und nichts mehr von der Verletzung merke.“
Der 25-jährige Linksverteidiger wechselte im Sommer vom niederländischen Club VVV-Venlo nach Regensburg. Den Jahn hatte er bis dahin vor allem aus zwei Duellen mit dem 1. FC Kaiserslautern in der Saison 2017/18 in Erinnerung. „Das waren damals zwei sehr schwierige Spiele für uns“, erinnert sich Guwara. Der FCK verlor im Jahnstadion Regensburg mit 1:3 und spielte zu Hause Remis gegen die Jahnelf (1:1). Am Saisonende stand für die Lauterer der Abstieg in die 3. Liga.
"Richtig Lust auf die Reise mit dem Jahn"
Nun hat sich Guwara gefreut, als er vom Interesse des Jahn an einer Verpflichtung hörte. Mit Geschäftsführer Christian Keller und Chef-Trainer Mersad Selimbegovic habe es „sehr gute Gespräche“ gegeben: „Sie haben mir aufgezeigt, was sie hier in Regensburg vorhaben und wie sie meine Rolle dabei sehen“, sagt er. „Ich hatte nach den Gesprächen richtig Lust auf diese Reise mit dem Jahn.“
Mit Thorsten Kirschbaum, mit dem er zuletzt gemeinsam in Venlo gespielt hat, und Christoph Moritz, der in Kaiserslautern schon sein Teamkollege war, traf er in Regensburg zwei bekannte Gesichter. „Das hilft bei der Eingewöhnung“, berichtet Guwara. In der Jahn Mannschaft sei es aber ohnehin leicht gewesen, sich einzufinden. „Das Bild, das man von außen hat, stimmt zu einhundert Prozent. Die Jungs hier sind alle super, es gibt keine Schwierigkeiten und wir sind wirklich ein Team“, sagt Guwara.
Dass sich in der Mannschaft einige genauso wie er für Basketball und die NBA interessieren, bringt auch gleich ein paar Gesprächsthemen mit sich. „Ich bin ganz klar Team LeBron James“, sagt Guwara mit einer guten Portion Überzeugung in seiner Stimme. Anders beispielsweise als Thorsten Kirschbaum, wie Guwara erklärt und schmunzelnd anfügt: „Ich weiß nicht, wie man das anders sehen kann. Wer mit 36 Jahren die Liga noch so dominiert, das spricht für sich. Wie er spielt, das ist atemberaubend. Dazu kommt seine professionelle Einstellung. Für mich ist er der GOAT, der größte Spieler aller Zeiten.“
Extrameter für den Nebenmann
Einheitlicher sind da dann schon die Vorstellungen, wenn es um den Jahn Fußball geht. „Wir ziehen alle an einem Strang“, sagt Guwara. Das sehe man derzeit auch auf dem Platz, findet der Linksverteidiger: „Einer ist für den anderen da, Fehler des Nebenmanns werden immer versucht auszubügeln. Das gibt dir ein gutes Gefühl und dann gehst du diese Extrameter auch für deinen Nebenmann.“ Dieses Gefühl, sich auf den Mitspieler verlassen zu können, ist für das Spiel des Jahn elementar. Dieses war für Guwara anfangs auch ungewohnt. „Bisher habe ich noch bei keiner Mannschaft vergleichbar gespielt“, sagt er und meint damit insbesondere das hohe Pressen und Durchsichern. Nach den ersten Wochen habe er aber ganz gut reingefunden und dann mache dieses aktive Spiel „richtig Spaß“.
Nun gilt es für Guwara, sich wieder ran und zurück in die Mannschaft zu kämpfen. Mit Niederlagen und Rückschlägen umzugehen, ja sogar gestärkt daraus hervorzugehen, hat Guwara in den vergangenen Jahren gelernt. Dreimal ist er bereits abgestiegen in seiner Karriere. Neben Kaiserslautern auch noch mit dem SV Darmstadt 98 aus der Bundesliga und vergangene Saison mit Venlo aus der ersten niederländischen Liga. „Nach Abstiegen macht man sich natürlich viele Gedanken. Man weiß, was alles dranhängt, für die Stadt, für den Verein, für die Fans“, sagt Guwara.
Er hat dabei in den vergangenen Jahren einen guten Weg gefunden, Negativerlebnisse zu verarbeiten. „Ich fresse das nicht in mich hinein und mache das nicht mit mir selbst aus“, erklärt er. Seit rund vier Jahren arbeitet er mit einem Mentaltrainer zusammen. Eine Arbeit, die ihm viel gibt. „Aber nicht nur nach negativen Erlebnissen“, sagt Guwara. „Egal wie es läuft, es ist gut, zu wissen, dass man immer jemanden hat, mit dem man über alles reden kann. Manche brauchen das nicht, aber mir gibt das viel.“
Anfänge in der Kölner Heimat
Den Mentaltrainer kennt er aus der Heimat. Heimat ist für Guwara Köln. Dort ist er geboren und aufgewachsen. Im Alter von sieben Jahren ist er zum 1. FC Köln gewechselt. Er hat im Angriff begonnen und fand früher zum Beispiel Lukas Podolski ganz gut. Ein richtiger Effzeh-Fan war er aber nie. So kann sich Guwara auch gar nicht mehr daran erinnern, was sein erstes Fußballtrikot war. „Ich habe nie irgendwelche Trikots gesammelt, bin auch heute niemand, der regelmäßig das Trikot tauscht“, erklärt er. Sympathien hegte er zu dieser Zeit eher ein Stück weit für Werder Bremen, wegen Spielern wie Diego oder Mesut Özil. Umso schöner für ihn, dass er nach seinem Abschied aus Köln bei Werder einen Vertrag bekam.
Als er nach Bremen zu Werders zweiter Mannschaft wechselte, er war gerade 18 Jahre alt geworden, war er schon auf die Linksverteidiger-Position spezialisiert. Im Nachwuchs begann er zunächst als Stürmer, agierte später im Mittelfeld oder auch in der Innenverteidigung. Erst mit der Zeit hat sich die Position links hinten als seine beste herauskristallisiert. Guwara beschreibt sich dabei als „offensiv ausgerichteter Außenverteidiger, der Fußball spielen möchte, aber auch in der Defensive eine gute Mischung findet.“ In Venlo spielte Guwara letzte Saison außen in der Fünferkette, war es also gewohnt, offensiv wie defensiv Akzente setzen zu müssen.
Guwara ist dabei auch ein Typ, der versucht, ständig dazu zu lernen. Neben Basketballer LeBron James findet er beispielsweise auch Tennis-Star Rafael Nadal ziemlich gut. Es imponiert ihm, wie sich solche Spieler ständig verbessern wollen, nie zufrieden sind und über Jahre auf allerhöchstem Niveau agieren. „Kein Spieler ist perfekt, jeder hat Punkte, in denen er sich verbessern kann. Man sollte sich nie zufrieden geben, nie stagnieren, immer hart weiter arbeiten“, sagt er. Das versucht auch er selbst umzusetzen im Alltag, mit Extraschichten, mit Vorbereitung, Aktivierung, Trainingsnachbereitung. „Über die Jahre hat man auch mit vielen verschiedenen Spielern und Trainern zusammengearbeitet und immer wieder aufgeschnappt, was man vielleicht noch anders und besser machen kann.“
Gambische Wurzeln und Nationalspieler
Diese Einstellung hat ihn bis heute zu immerhin 18 Bundesliga-Einsätzen, den zweitmeisten des aktuellen Jahn Kaders nach Christoph Moritz, und 44 Erstliga-Spielen in den Niederlanden verholfen. Im Juni dieses Jahres debütierte der Kölner mit gambischen Wurzeln als Nationalspieler für Gambia.
Ob auf seine Wurzeln auch seine „lange nicht gesehenen tänzerischen und sängerischen Skills“ zurückzuführen sind, die ihm Teamkollege Jann George zuschreibt? Im Trainingslager musste er jedenfalls wie alle Neuzugänge eine Einlage machen. Er gab ein Lied von Michael Jackson zum Besten. „Gesanglich war es nicht so stark, aber sonst hab ich schon einen ganz ordentlichen Auftritt hingelegt, der offenbar in Erinnerung geblieben ist“, sagt Guwara und lacht. Inklusive des Moonwalks. „Den muss ich aber definitiv nochmal üben“, so der 25-Jährige. Michael Jackson hört er durchaus gerne, ansonsten ist er musikalisch vor allem im amerikanischen Rap zu Hause.
Wenn er nicht gerade Fußball spielt, ist Guwara gerne mit Teamkollegen oder Freunden unterwegs. Aber auch die Ruhe zu Hause, Zeit für sich und um zu regenerieren, genießt er. Dabei unterscheidet sich Guwara noch in einem Punkt von den meisten anderen Fußballprofis: Er ist nicht in den sozialen Netzwerken aktiv. „Ich brauche das nicht, die sozialen Medien geben mir nichts“, sagt er dazu. Eine Einstellung, die ihn auf jeden Fall nicht unsympathischer werden lässt. Und am liebsten verbringt er die Zeit ohnehin auf dem grünen Rasen, und das kann er nach seiner Verletzung nun wieder. Leon Guwara ist bereit und hat Lust auf die Reise mit der Jahnelf.